Beschreibung des Rechtsbegriffs Zahlungsunfähigkeit:
Zahlungsunfähigkeit bezeichnet im deutschen Insolvenzrecht die Situation, in der ein Schuldner dauerhaft nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Dies stellt einen Insolvenzgrund dar, der zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens führen kann. Gemäß § 17 InsO (Insolvenzordnung) ist ein Schuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die bestehenden Zahlungspflichten zu begleichen. Die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit ist für die Gläubiger von großer Bedeutung, da sie als Voraussetzung für die Antragstellung auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens dient.
Die Beurteilung der Zahlungsunfähigkeit erfolgt primär anhand einer Liquiditätsanalyse. Dabei werden die verfügbaren liquiden Mittel den kurzfristigen Verbindlichkeiten gegenübergestellt. Kann der Schuldner seine Verbindlichkeiten nicht mehr begleichen, so ist dies ein starker Indikator für eine eingetretene Zahlungsunfähigkeit. Allerdings genügt eine bloße Illiquidität nicht; vielmehr muss die Liquiditätslücke voraussichtlich dauerhaft sein. Eine vorübergehende Zahlungsstockung, die innerhalb überschaubarer Zeit beseitigt werden kann, führt nicht zur Zahlungsunfähigkeit im rechtlichen Sinne.
Eine Besonderheit liegt vor, wenn die Zahlungsunfähigkeit lediglich drohend ist. In diesem Fall kann der Schuldner – aber nicht ein Gläubiger – Insolvenzantrag stellen. Die Drohung der Zahlungsunfähigkeit ist im § 18 InsO geregelt und bildet neben der Überschuldung einen weiteren Insolvenzgrund.
Richtig eingeschätzt, verhindert das frühzeitige Erkennen der Zahlungsunfähigkeit eine weitere Verschlechterung der finanziellen Situation und ermöglicht es, durch die Einleitung passender Sanierungs- oder Abwicklungsschritte eine geordnete Entschuldung oder Restrukturierung des Schuldners durchzuführen.
Rechtlicher Kontext, in dem der Begriff Zahlungsunfähigkeit verwendet werden kann:
Ein Beispiel aus der Unternehmenspraxis ist die Insolvenz eines mittelständischen Unternehmens. Die GmbH kann seit mehreren Monaten ihre Lieferantenrechnungen nicht mehr vollständig bezahlen. Mehrere Lieferanten haben bereits Liefersperren verhängt und gerichtliche Mahnverfahren eingeleitet. Die Geschäftsführung versucht noch, über Bankkredite oder Investoren neue Mittel zu erhalten, aber die Verhandlungen sind bislang ohne Erfolg geblieben. Eine Liquiditätsprüfung zeigt auf, dass die vorhandenen Mittel nicht ausreichen, um die fälligen Verbindlichkeiten zu bedienen, und auch keine Aussicht auf Besserung in der nahen Zukunft besteht. In diesem Fall muss die Geschäftsführung den Tatbestand der Zahlungsunfähigkeit erkennen und darf nicht zögern, einen Insolvenzantrag zu stellen, um sich nicht wegen Insolvenzverschleppung strafbar zu machen.
Ein weiteres Beispiel ist der Fall eines Privatmannes, der seine laufenden Rechnungen und Kreditverpflichtungen nicht mehr zahlen kann. Nachdem mehrere Gläubiger erfolglos Vollstreckungsmaßnahmen eingeleitet haben, muss der Privatmann sich eingestehen, dass seine finanzielle Lage keine Besserung erwarten lässt. Er selbst oder ein Gläubiger kann nun die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragen. Sofern eine natürliche Person von dauerhafter Illiquidität betroffen ist, steht oftmals das Verbraucherinsolvenzverfahren zur Verfügung, welches die Schuldenregulierung und einen möglichen Schuldenerlass nach einer Wohlverhaltensphase ermöglicht.
Die Kenntnis und das Verständnis von Zahlungsunfähigkeit ist für alle Akteure im Wirtschaftsleben unentbehrlich. Es ermöglicht Gläubigern, rechtzeitig ihre Forderungen zu sichern und Schuldner können gegebenenfalls notwendige Schritte einleiten, um eine Insolvenz abzuwenden oder geordnet durchzuführen. Darüber hinaus dient die Insolvenzantragspflicht auch dem Schutz der Gläubiger und der Funktionsfähigkeit des Rechts- und Wirtschaftsverkehrs.