Beschreibung des Rechtsbegriffs Berufung:
Berufung ist ein Rechtsmittel innerhalb des deutschen Zivilprozessrechts, das es einer Partei ermöglicht, gegen ein Urteil der ersten Instanz (z.B. des Amtsgerichts oder Landgerichts) bei einem höheren Gericht, dem Berufungsgericht, eine Überprüfung vornehmen zu lassen. Das Ziel der Berufung ist es, eine vollständige Neue Verhandlung des Rechtsstreits zu erreichen. Allerdings wird nicht der gesamte Fall noch einmal aufgerollt, sondern nur jene Aspekte, die von der Berufung erfasst werden.
Die Berufung ist in den §§ 511 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO) geregelt und steht nur offen, sofern der Beschwerdewert die gesetzlich festgelegte Grenze übersteigt oder das Gericht die Berufung wegen der grundlegenden Bedeutung der Rechtssache zulässt. Das Berufungsverfahren ist durch das Prinzip der mündlichen Verhandlung und den Grundsatz der Unmittelbarkeit gekennzeichnet. Das bedeutet, dass das Gericht in der Regel auf der Grundlage dessen entscheidet, was in der mündlichen Verhandlung vorgetragen und bewiesen wurde.
Im Zentrum des Berufungsverfahrens steht die Überprüfung des erstinstanzlichen Urteils auf Rechts- und Tatsachenfehler. Das Berufungsgericht kann das vorherige Urteil bestätigen, abändern oder aufheben und eine eigene Entscheidung treffen. Ein wichtiger Unterschied zur Revision, einem weiteren Rechtsmittel im deutschen Rechtssystem, ist, dass bei der Berufung, anders als bei der Revision, nicht nur die Rechtsanwendung, sondern auch die Tatsachenfeststellung des erstinstanzlichen Gerichts überprüft werden können.
Die Einlegung der Berufung muss innerhalb einer bestimmten Frist erfolgen und ist an formale Voraussetzungen gebunden. Nachdem die Berufung eingelegt wurde, wird das Berufungsgericht die Begründetheit der Berufung prüfen und in der Regel eine mündliche Verhandlung anberaumen.
Wichtig ist zu beachten, dass das Berufungsgericht neue Tatsachen und Beweismittel nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässt. Die Verfahrensgrundsätze der Bindung an den Streitgegenstand sowie der Verhandlungsmaxime bleiben auch im Berufungsverfahren wesentlich.
Rechtlicher Kontext, in dem der Begriff Berufung verwendet werden kann:
Ein typisches Beispiel für eine Berufung könnte im Zivilprozessrecht folgendermaßen aussehen: Ein Käufer, Herr Müller, erwirbt von einem Verkäufer, Herrn Schulz, ein Gebrauchtfahrzeug. Nach kurzer Zeit stellt Herr Müller fest, dass das Fahrzeug erhebliche Mängel aufweist, die im Kaufvertrag nicht erwähnt wurden. Herr Müller klagt auf Rückabwicklung des Vertrages und Schadensersatz. Das Amtsgericht weist die Klage ab, da es nach der Beweisaufnahme davon überzeugt ist, dass Herr Müller beim Kauf die Mängel kannte.
Herr Müller legt gegen dieses Urteil Berufung beim Landgericht ein. In der Berufungsinstanz begründet er seine Berufung damit, dass das Amtsgericht wesentliche Zeugenaussagen übersehen und Beweisangebote nicht berücksichtigt habe. Das Landgericht als Berufungsgericht überprüft die Entscheidung des Amtsgerichts nun sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht. Es kann dabei zu einer anderen Beurteilung der Sachlage kommen, falls es die Beweislage anders einschätzt oder Rechtsfehler im erstinstanzlichen Urteil findet.
Ein weiteres Beispiel könnte im Rahmen des Arbeitsrechts auftreten: Eine Angestellte, Frau Becker, wird von ihrem Arbeitgeber fristgerecht gekündigt. Sie hält die Kündigung für sozial ungerechtfertigt und klagt vor dem Arbeitsgericht auf Unwirksamkeit der Kündigung. Das Arbeitsgericht weist die Klage zurück und Frau Becker legt dagegen Berufung beim Landesarbeitsgericht ein, da sie der Auffassung ist, das Gericht habe wesentliche Umstände, wie zum Beispiel Diskriminierung aufgrund ihres Geschlechts, nicht ausreichend gewürdigt.
Die Berufung hat innerhalb des deutschen Rechtssystems eine wesentliche Funktion als Korrekturinstanz. Sie stellt sicher, dass fehlerhafte erstinstanzliche Entscheidungen überprüft und korrigiert werden können, und trägt somit zur Rechtssicherheit und Gerechtigkeit bei. Durch das zweistufige Instanzenzug-System wird das Vertrauen in das gerichtliche Verfahren gestärkt und den Parteien die Möglichkeit gegeben, ihre Rechte umfassend wahrzunehmen.