Beschreibung des Rechtsbegriffs Behinderung:
Im deutschen Recht ist der Begriff Behinderung vielschichtig und kommt in verschiedenen Rechtsgebieten vor. Von besonderer Bedeutung ist er jedoch im Arbeitsrecht, Sozialrecht und im Antidiskriminierungsrecht. Eine Behinderung im rechtlichen Sinne liegt vor, wenn bei einer Person eine körperliche, geistige oder seelische Beeinträchtigung besteht, die sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft wesentlich benachteiligt oder eine solche Benachteiligung zu erwarten ist.
Das Sozialgesetzbuch (SGB) IX definiert Behinderung explizit und setzt Maßstäbe für die Einstufung und den Grad der Behinderung (GdB). Personen mit einer anerkannten Behinderung genießen besonderen Schutz und haben Ansprüche auf bestimmte Hilfen und Unterstützungsleistungen. Dabei können die Unterstützungsleistungen von technischen Arbeitshilfen über persönliche Assistenz bis hin zu integrativen Maßnahmen am Arbeitsplatz reichen.
Im Arbeitsrecht wiederum spielt Behinderung im Kontext des Kündigungsschutzes eine Rolle. Schwerbehinderte Menschen dürfen nicht ohne weiteres gekündigt werden; Arbeitgeber müssen vor Ausspruch einer Kündigung die Zustimmung des Integrationsamtes einholen. Dies soll die Betroffenen vor einer Benachteiligung im Berufsleben schützen und ihre Integration in den Arbeitsmarkt fördern.
Darüber hinaus ist das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) relevant, das Diskriminierung aufgrund von Behinderung untersagt. Das AGG fordert von Arbeitgebern, Maßnahmen zur Verhinderung von Diskriminierung zu ergreifen und gegebenenfalls behinderungsbedingte Nachteile für Betroffene auszugleichen.
Rechtlich gesehen ist Behinderung somit ein Zustand, der mit gesellschaftlicher Teilhabe und der Ausübung von Grundrechten eng verknüpft ist. Sie wird nicht als ein persönliches Defizit, sondern als eine Herausforderung für die Gesellschaft verstanden, inklusive Strukturen zu schaffen.
Rechtlicher Kontext, in dem der Begriff Behinderung verwendet werden kann:
Ein Beispiel aus dem Arbeitsrecht: Ein schwerbehinderter Angestellter ist seit mehreren Jahren in einem großen Unternehmen tätig. Das Unternehmen plant Umstrukturierungen, in deren Folge mehrere Stellen abgebaut werden sollen. Aufgrund seiner Schwerbehinderung kann der Angestellte nicht ohne Weiteres entlassen werden. Hier greift das Schwerbehindertenrecht: Bevor das Unternehmen ihm kündigen kann, muss es die Zustimmung des Integrationsamtes einholen. Weiterhin muss das Unternehmen prüfen, ob der Mitarbeiter nicht auf einem anderen Arbeitsplatz innerhalb der Firma weiterbeschäftigt werden kann. Das Ziel dieser Vorschriften ist es, die Arbeitnehmer mit Behinderung vor sozialen Härten und ungerechtfertigter Diskriminierung zu schützen und ihre Beschäftigungschancen zu verbessern.
Ein zweites Beispiel betrifft das Zivilrecht. Angenommen, eine Person im Rollstuhl möchte ein Restaurant besuchen, das jedoch nur über eine Treppe zu erreichen ist und keinen barrierefreien Zugang bietet. Diese Person könnte einen Unterlassungsanspruch gegen den Eigentümer des Restaurants geltend machen, wenn sie aufgrund der fehlenden Barrierefreiheit in ihrer Teilhabe am gesellschaftlichen Leben benachteiligt wird. Hierzu könnte sie sich auf das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) berufen, das von öffentlichen Stellen verlangt, bauliche und sonstige Anlagen so zu gestalten, dass sie von Menschen mit Behinderung ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind.
Die Kenntnis und das Verständnis des Begriffes Behinderung und der damit verbundenen rechtlichen Regelungen ist für die Gerechtigkeit im sozialen Miteinander und für den Schutz von Menschen mit Behinderungen essentiell. Juristen müssen dazu beitragen, die Rechte dieser Personen zu wahren und sie vor Diskriminierung zu schützen.